8. Oktober 2024

Brasilianische Jugendliche zu Besuch in Deutschland

Im Juli haben einige Informationsveranstaltungen von educare stattgefunden, in denen Susanne und Martinho Borges von ihrer Arbeit berichteten. Hier kamen auch drei brasilianische Jugendliche zu Wort. Sie sind schon von klein auf bei educare und es war für sie die erste große Reise über São Paulos Grenzen hinaus, eine überwältigende Erfahrung für Alex, Lucas und Diogo, die in prekären Verhältnissen aufgewachsen sind. Ihre Geschichten sind dieselben wie die vieler Kinder im Projekt: gezeichnet von kriminellen Familienangehörigen, Drogenkonsum, überforderten und abwesenden Eltern sowie Verstrickung in kleinkriminelle Angelegenheiten.

Aus den Lebensberichten der drei Jugendlichen:

“Mein Auftrag war es, einen Rucksack gefüllt mit Drogen und Waffen zu einem der größten Gang-Bosse in der Region zu transportieren. Als der Polizist den Rucksack öffnete, schickte ich zitternd ein Stoßgebet in den Himmel: “Wenn du mich hier sicher rausholst, höre ich mit allem auf.” Der Polizist entdeckte meine Schulhefte und Stifte. Weiter nichts. Er ließ mich weiterziehen und ich ging mit weichen Knien meinen Weg. Am nächsten Tag suchte ich den direkten Weg zu educare. Ich musste mit Martinho sprechen und mein Leben ändern.”

“Eines Tages kam die Polizei bei uns vorbei und führte meine Mutter vor den Augen meiner vier kleineren Geschwister ab. Die vielen kriminellen Geschäfte, in die sie in der Vergangenheit verstrickt war, wurden ihr zum Verhängnis. Und das obwohl sie vor einiger Zeit alles aufgegeben hatte und wir sogar in ein anderes Viertel umgezogen waren. Von einem Tag auf den anderen war ich als Ältester nun verantwortlich für meine vier Geschwister. Für mich brach eine Welt zusammen. Susanne begleitet mich bis heute fast täglich. Sie sagt mir, wie ich Wäsche waschen muss oder den Haushalt am besten erledige. Ohne educare wären wir völlig verloren gewesen.”

“Mein Vater ist an einer Überdosis Crack gestorben.“ Auf dem Weg zur Schule sah ich ihn manchmal von Weitem. Ich hatte immer Angst vor ihm und wenn er mich erkannte und meinen Namen rief, rannte ich schnell weg. Es gab Zeiten, in denen meine Brüder, meine Mutter und ich sogar unter der Brücke schliefen. Doch über die Jahre konnten wir unser selbstgebautes Häuschen immer mehr erweitern und haben nun sogar einen zweiten Stock. Ich möchte einmal eine eigene Familie gründen, ein guter Ehemann und vor allem ein guter Vater für meine Kinder sein.”